Rosengarten: lernfähig ist anders

Fraktionserklärung der SP-Kantonsratsfraktion

Es zieht sich wie ein roter Faden durch die zu Ende gehende Legislatur: Ein Drama in drei Akten, das die rechte Mehrheit dieses Rates – mit offensichtlicher Lust an der Wiederholung – inszeniert.

 

  • Akt 1: Der Regierungsrat legt eine akzeptable Vorlage zu einem Politikbereich vor.
  • Im 2. Akt «verschlimmbessert» die rechte Ratsseite im Bewusstsein ihrer Mehrheit die regierungsrätliche Vorgabe rücksichtslos und zwingt Links-Grün zum Referendum.
  • Der 3. Akt bringt dann das Volk als Deus ex Machina ins Spiel – mit dem (fast immer) gleichen dramatischen Ende: Der rechtsbürgerliche Übermut scheitert an der übergeordneten Weisheit der Volksmehrheit.

Das jüngste Beispiel dieses Wiederholungsdramas – oder ist es vielleicht nicht doch eher eine Komödie? – erleben wir aktuell rund um das Rosengartenprojekt. Wie wenn es keine Klimaerwärmung und keine CO2-Debatte gäbe, peitscht die Ratsmehrheit ein gigantisches unterirdisches Strassenbauprojekt durch das Parlament, weist sämtliche Anträge zur Plafonierung des Verkehrs oder zu wirksamen flankierenden oberirdischen Massnahmen schnöde von sich und nimmt todesmutig in diesem Fall – anders als beim Wasser- oder Uferschutz – auch grossflächige Enteignungen in Kauf. Um dem motorisierten Individualverkehr eine grossartige Einfahrschneise mitten ins Stadtzentrum zu öffnen, ist offenbar kein Preis zu hoch!

 

Diesmal haben aber die wenigen Damen und vielen Herren von der SVP und FDP und ihre willigen Helfershelfer in der so genannten Mitte die Rechnung ohne den Zürcher Stadtrat und ohne den Bund gemacht. Der Stadtrat, der die ursprüngliche Vorlage zusammen mit dem Regierungsrat entwickelt hat, hält in einem Bulletin vom 6. März unmissverständlich fest, dass seine Zustimmung zum Projekt ohne eine verbindliche Festlegung der Verkehrsmenge auf dem heutigen Niveau (56‘000 Fahrzeugen pro Tag, 53‘000 im Tunnel, 3000 oben) in Frage gestellt sei. Nur mit einer rechtlichen Festschreibung könne sichergestellt werden, dass nicht gegen den Willen der Stadt zusätzlicher Verkehr das Zentrum überschwemme. Nicht ohne Süffisanz verweist das Bulletin zur Begründung auch auf die von der Autolobby unseres Rates erzwungene Entmachtung von Zürich und Winterthur im Bereich der Kantonsstrassen.

 

Fast schon vernichtend fällt die Kritik des Bundes am Rosengartenprojekt aus: Im Prüfbericht vom vergangenen Herbst erhält das Projekt, über das wir aktuell beraten, klar ungenügende Noten und wird in der Priorisierungsskala klar zurückgestuft. Die 440 Millionen Bundessubventionen, mit denen die Ratsmehrheit optimistisch rechnet, entschwinden damit in weite Ferne.

 

Wenn nicht in der zweiten Lesung wider Erwarten und wider alle Erfahrungen in dieser Legislatur noch ein Hauch von strassen- und städtebauliche Vernunft die rechte Ratsmehrheit erfasst, dürfte der Rosengarten im 3. Akt das Schicksal der früheren dramatischen Helden teilen und wie das Wassergesetz, die Privatisierung des KSW und der IPW kläglich scheitern.